Trotz EVP-Widerstand: EU-Parlament stimmt für EU-Renaturierungsgesetz

Das Gesetz, mit dem verbindliche Ziele für die Wiederherstellung der europäischen Natur eingeführt werden sollen, wurde zu einem großen Streitpunkt im Europäischen Parlament, da rechtsgerichtete Fraktionen, angeführt von der Europäischen Volkspartei (EVP), eine heftige Kampagne gegen das Gesetz geführt haben. [S&D]

Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments haben am Mittwoch (12. Juli) für das EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur gestimmt. Damit scheitert der Versuch der Europäischen Volkspartei, das Gesetz zu verhindern. Jetzt stehen abschließende Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten bevor.

Das Gesetz, mit dem verbindliche Ziele für die Wiederherstellung der europäischen Natur eingeführt werden sollen, wurde zuletzt einem großen Streitpunkt im Europäischen Parlament. Rechte Parteien, angeführt von der Europäischen Volkspartei (EVP), führten eine heftige Kampagne gegen das Gesetz.

Letztendlich wurde ihr Ablehnungsversuch jedoch vereitelt: 312 Abgeordnete stimmten dafür, das Gesetz abzulehnen, 324 dagegen und 12 enthielten sich. Daraufhin einigten sich die Abgeordneten letztendlich mit 336 Ja-Stimmen, 300 Nein-Stimmen und 13 Enthaltungen auf den Vorschlag.

„Während die konservative EVP nicht zugehört hat, hat der Rest des Parlaments diese wichtige Politik vorangetrieben, um eine bessere Zukunft für alle zu sichern“, sagte César Luena, der Chefverhandler der Sozialisten und Demokraten (S&D) für den Vorschlag.

In einer Debatte über das Gesetz am Dienstag betonte Luena die Bedeutung des Gesetzes – sowohl für Europas Natur als auch für diejenigen, deren Lebensunterhalt von ihr abhängt.

„In den letzten 40 Jahren hat sich Europa doppelt so schnell erwärmt wie der Rest der Welt. Das Wohlbefinden der Menschen verbessert sich, je mehr Grünflächen es gibt. Dadurch wird die Umweltverschmutzung reduziert und die Gefahr von Zoonosen verringert“, sagte Luena. Zoonosen sind Krankheiten, die zwischen Tieren und Menschen übertragen werden.

„Das Gesetz ist für alle gut, besonders aber für Landwirte, Fischer und alle anderen, die aktiv an der Seite von Ökosystemen arbeiten. Der Green Deal wird nur möglich sein, wenn wir ein entsprechendes Gesetz zur Wiederherstellung der Natur haben“, fügte der spanische Abgeordnete hinzu.

Das Gesetz zielt darauf ab, den drastischen Niedergang der europäischen Natur umzukehren. Nur 15 Prozent der bewerteten Lebensräume befinden sich zuletzt in einem guten Zustand, und Bestäuber wie Bienen und andere Insekten stehen unter zunehmendem Druck.

Wiederherstellungsmaßnahmen sind auch erforderlich, um Europa bei der Bekämpfung des Klimawandels zu helfen. Gesunde und vielfältige Wälder können beispielsweise mehr CO2 speichern und sind besser in der Lage, den Auswirkungen von Waldbränden zu trotzen.

„Dürren, Überschwemmungen und Waldbrände sind Teil einer neuen Realität geworden. Sie werden zwar durch den Klimawandel angetrieben, aber die Verschlechterung der Ökosysteme und die geschwächte Widerstandsfähigkeit aufgrund des Verlusts der biologischen Vielfalt beschleunigen und verstärken die Auswirkungen dieser Ereignisse“, sagte EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius am Dienstag in der Parlamentsdebatte.

Die Europäische Kommission hat außerdem deutlich gemacht, dass das Gesetz für die Erfüllung der internationalen Verpflichtungen Europas, einschließlich der Klimazusage im Rahmen des Pariser Abkommens und des im letzten Jahr unterzeichneten globalen Ziels, 30 Prozent der Land- und Meeresflächen bis 2030 zu schützen, unerlässlich ist.

EVP scheitert an letzter Hürde

Die EVP hat sich vehement gegen den Vorschlag eingesetzt und am Dienstag gemeinsam mit Landwirten in Straßburg gegen den Vorschlag protestiert.

Die EVP-Abgeordneten warnten davor, dass das Gesetz negative Auswirkungen auf die Lebensmittelproduktion und die Lebensgrundlagen von Landwirten, Förstern und Fischern haben würde, während andere Parteien sie für die damit einhergehende Politisierung kritisierten.

„Wir als EVP stehen zu den Zielen des europäischen Green Deals. Wir wollen, dass das Montrealer Protokoll über die biologische Vielfalt weltweit Anwendung findet. Aber wir sind uns nicht einig über den Weg, den wir einschlagen sollen“, sagte EVP-Abgeordnete Christine Schneider, die die Verhandlungen für die Fraktion führte, bevor sie diese verließ.

Nicht alle Abgeordneten der EVP waren jedoch einer Meinung. Einige – vor allem aus Irland – weigerten sich, der Fraktionslinie zu folgen und das Gesetz abzulehnen.

Wird die EVP den Streit ums EU-Renaturierungsgesetz überleben?

Die konservative Europäische Volkspartei (EVP) ist im Vorfeld einer Abstimmung am Mittwoch (12. Juli), bei der sowohl für den Europäischen Green Deal als auch für die EVP selbst viel auf dem Spiel steht, mit allen Mitteln gegen das EU-Renaturierungsgesetz vorgegangen.

Verwässerter Text

Am Ende erhielt der Vorschlag gerade genug Unterstützung, um eine Mehrheit im Europäischen Parlament zu finden. Dazu trug auch die liberale Renew Fraktion bei, die den bereits vereinbarten Ansatz der Mitgliedstaaten der EU einbrachte.

Dies wurde im Juni von einer Mehrheit der EU-Regierungen unterstützt, darunter auch einige, die der EVP angehören, und wurde von mehreren EVP-Abweichlern als Grund dafür angeführt, den Vorschlag nicht abzulehnen.

Damit wurden zwar die Probleme behoben, die viele mit dem ursprünglichen Text der Europäischen Kommission hatten, aber es wurden auch einige Elemente verwässert. Dies führte zu Bedenken, dass der vom Parlament verabschiedete Text, nicht den Anforderungen entspricht.

Eine Quelle aus dem Europäischen Parlament sagte gegenüber EURACTIV, dass die Abgeordneten damit „ein Frankenstein-Monster der legislativen Verhandlungspositionen“ geschaffen hätten. Denn man habe wild und unüberlegt Änderungen zusammengeschraubt um das Gesetz durchs Parlament zu bringen.

Das Renaturierungsgesetz wird nun zwischen den Mitgliedstaaten der EU und dem Europäischen Parlament abschließend verhandelt. Die Verhandlungen könnten dadurch erleichtert werden, dass die Position des Parlaments teilweise mit jener der Mitgliedstaaten der EU übereinstimmt.

EU-Abgeordneter bei Renaturierungsgesetz trotz EVP-Boykott zuversichtlich

Tiemo Wölkern, einer der führenden EU-Abgeordneten der sozialdemokratischen S&D-Fraktion, ist zuversichtlich, dass das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur das Europäische Parlament am Mittwoch passieren wird. Die Europäische Volkspartei hatte zuletzt aktiv versucht, das Gesetz zu blockieren. 

[Bearbeitet von Frédéric Simon/Zoran Radosavljevic]

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